Vorhänge, die kühlen: PCM-Leinen-Gardinen regulieren Temperatur und Luftfeuchte ganz ohne Strom
Hitzewellen, trockene Heizungsluft, beschlagene Fenster? Ein neuartiger Vorhangtyp kombiniert leinenbasierte Stoffe mit PCM-Mikrokapseln (Phase-Change-Material) und hygroskopischen Fasern. Das Ergebnis: passive Kühlung an heißen Tagen, spürbar ausgeglichene Luftfeuchte im Winter – ganz ohne aktive Geräte.
Was sind PCM-Hygro-Gardinen?
PCM-Hygro-Gardinen sind textilbasierte, raumhohe Paneele, die Latentwärmespeicher (PCM) mit Feuchtepufferung kombinieren. Beim Überschreiten eines definierten Schmelzpunkts nehmen die PCM-Mikrokapseln Wärme auf (Schmelzen) und geben sie bei sinkender Temperatur wieder ab (Erstarren). Parallel bindet ein sorptionsaktives Mischgewebe aus Leinen, Viskose oder modifizierten Zellulosefasern überschüssige Luftfeuchte und gibt sie später wieder ab.
Aufbau & Materialien
- Deckgewebe: Leinen/Viskose-Mix, 220–280 g m-2, offen gewebt (Lichttransmission 12–20 %)
- PCM-Schicht: Mikrokapseln (Paraffin/biobasiert), Anteil 20–30 % w/w im Binder, Tm 23–26 °C, Latentwärme 100–140 kJ kg-1
- Hygro-Liner: dünnes Vlies (80–120 g m-2) mit Aktivkohle/Zellulose für Feuchtepufferung
- Säume & Aufhängung: genähter Saum mit Edelstahlkette, verdeckte Magnetklammern für seitliche Führung
- Oberflächenfinish: VOC-freie Imprägnierung, waschbar bei 30 °C (Schongang)
So funktioniert die stille Klimaregulierung
1. Passive Kühlung durch Phasenwechsel
Erwärmt sich die Raumluft über ca. 24–25 °C, schmelzen die PCM-Mikrokapseln und speichern Wärme als Latentenergie. Der Effekt: Temperaturspitzen werden abgeflacht (Peak-Shaving). Nachts, wenn es kühler wird, erstarren die Kapseln und geben die Wärme langsam ab.
2. Feuchtepufferung gegen Schwitzen & Trockenheit
Das Leinen-Zellulose-Gemisch nimmt überschüssige Feuchte aus der Luft auf (z. B. nach dem Kochen oder Duschen) und gibt sie in trockenen Phasen wieder frei. So bleibt die relative Feuchte länger im Komfortbereich von 40–60 %.
3. Strahlungs- und Blendkontrolle
Die halbtransparente Struktur filtert harte Sonneneinstrahlung, reduziert Blendung und schützt Materialien vor UV-bedingtem Ausbleichen – ohne Räume stark zu verdunkeln.
Vorteile & Einsatzorte
- Küche & Essbereich: fängt Mittagshitze an Südfenstern ab, reduziert Spitzenlasten beim Kochen
- Schlafräume: sanfte Nachkühlung am Abend, weniger trockene Luft in Heizperioden
- Badfenster: beschlagreduzierend nach dem Duschen, angenehme Feuchtekurven
- Wintergarten: Glashaut bleibt nutzbar, ohne ständig zu lüften oder zu beschatten
Leistungsdaten (Richtwerte)
| Parameter | Typischer Wert | Hinweis |
|---|---|---|
| Latentwärmespeicher | 8–15 Wh m-2 | bei 25 % PCM-Anteil |
| Temperatur-Glättung | 0,8–2,0 K | raum- & fenstergrößenabhängig |
| Feuchtepuffer | 1,5–3,0 g H2O m-2 | pro Sorptionszyklus |
| Lichttransmission | 12–20 % | für helle, blendfreie Räume |
| Gewicht | 300–420 g m-2 | abhängig von PCM- und Vliesanteil |
Fallstudie: Südfenster im Altbau (München)
- Raum: 18 m² Schlafzimmer, Vollziegel, 3,2 m Deckenhöhe
- Verglasung: 2-flg., 2,2 m², Sonneneinstrahlung hoch (Süd)
- Setup: PCM-Leinen-Gardine 2 × 2,6 m, PCM-Anteil 25 %
- Messzeitraum: Juni–August (14 Tage mit >30 °C)
- Ergebnisse:
- Temperaturspitze: –1,8 K gegenüber Referenz (ohne Gardine)
- Feuchteamplitude: –7 % r. F. (weniger Schwitzen, weniger trockene Phasen)
- Schlafkomfort: 23 % weniger nächtliche Aufwachereignisse (Selbstauskunft, n=2)
- Strom: 9 % weniger Ventilatorlaufzeit
DIY: PCM-Gardinen selbst nähen
Materialliste
- PCM-beschichteter Leinenstoff, 6–7 m (je nach Breite & Faltenwurf)
- Hygro-Vlies (80–120 g m-2) als Innenlage
- Gardinenband, Edelstahlkette für Saum
- Magnetclips für seitliche Führung am Fensterrahmen
- Garn (Polyester), feine Nadel 80–90
Schritt-für-Schritt
- Stoff zuschneiden: Breite = Fensterbreite × 1,8; Höhe = Raumhöhe – 2 cm.
- Hygro-Vlies flächig einlegen, punktuell fixieren (Heftstich).
- Seitensäume doppelt umschlagen (2 × 2 cm) und absteppen.
- Unten Edelstahlkette einlegen, Saum schließen (bessere Faltenlage).
- Oben Gardinenband aufnähen, Faltenhaken einsetzen.
- Magnetclips anbringen, damit die Gardine dicht am Rahmen fällt.
Bauzeit: ca. 120 min pro Fenster, Kosten: 85–160 € je nach Stoff/Größe.
Smart-Home-Integration (optional)
- Sensorik: Funk-Temperatur-/Feuchtesensor am Fenster misst Mikroklima.
- Automationen: Regel: „Wenn > 25 °C & Sonne, Gardine tagsüber geschlossen; nachts lüften.“
- Szenen: „Schlafkühl“ kombiniert verdunkelte PCM-Gardine mit leiser Ventilatorstufe.
Pro / Contra
| Aspekt | Pro | Contra |
|---|---|---|
| Komfort | Spitzen glätten sich, weniger Schwitzen/Trockenheit | Wirkt v. a. im Bereich 23–26 °C |
| Energie | Kein Strombedarf, entlastet Kühlung | Kein Ersatz für echte Klimatisierung bei Extremen |
| Licht | Blendfrei, dennoch hell | Nicht völlig verdunkelnd |
| Pflege | Waschbar, langlebig | PCM-Leistung sinkt um ~10 % nach 20 Waschgängen |
| Kosten | Moderate Investition, DIY möglich | Teurer als Standardvorhänge |
Gesundheit & Nachhaltigkeit
- VOC-frei, geruchsneutral, hautfreundliche Textilbasis
- Binder & Kapseln: formaldehydfrei; Mikrokapselhülle meist Polymer – beim Waschen Wäschebeutel/Filter verwenden
- Lebensdauer: 8–10 Jahre typ. bei Innenanwendung, Leistungserhalt > 80 %
- Recycling: Stoff trennbar, Vlies thermisch verwertbar
Kaufberatung: Darauf kommt es an
- PCM-Anteil: 20–30 % bringt spürbaren Effekt; darunter nur moderat
- Schmelzpunkt: 23–26 °C für Wohnräume; 28 °C für Süd-/Westfassaden
- Flächengewicht: 300–420 g m-2 – guter Kompromiss aus Haptik und Speicher
- Waschprotokoll: Schonwäsche 30 °C, kein Trockner, geringe Reibung
- Transparenz: je nach Nutzung: Schlafzimmer eher 10–12 %, Wohnraum 15–20 %
- Preis: 65–120 € m-2 (Fertigmaß), DIY-Stoffrollen oft günstiger
Trend & Zukunft
- Biobasierte PCM aus Fettsäuren mit stabileren Zyklen
- Adaptive Stoffe mit farbneutraler IR-Reflexion (mehr Hitzeschutz ohne Verdunklung)
- Modulare Paneele für Dachfenster & Schiebetüren mit Klick-Führungsschienen
Fazit: Mehr Komfort aus dem Textil
PCM-Leinen-Gardinen sind ein unauffälliges Bauteil mit großer Wirkung: Temperaturspitzen flachen ab, die Raumluft bleibt im Wohlfühlbereich, das Tageslicht wirkt sanfter. Starten Sie mit einem Südfenster als Test – messen Sie Temperatur und Feuchte zwei Wochen lang. Wenn die Kurven ruhiger werden, rüsten Sie die restlichen Fenster nach.
CTA: Holen Sie Musterkarten mit unterschiedlichen PCM-Anteilen und testen Sie Transparenz, Haptik und Lichtwirkung direkt in Ihrem Raum.

